Die Tuareg-Rebellion in Mali 2012

In letzter Zeit gab es bisher drei Rebellionen der Tuareg. Die erste, 1990, hatte einen gewissen Erfolg. Die zweite, 2006, war weniger erfolgreich. Doch jetzt kommt die dritte Rebellion, 2012, die in Mali stattfindet und bisher zum Sturz des Präsidenten Amadou Toumani Touré, genannt ATT, geführt hat. Diese dritte Rebellion erscheint also erfolgreicher als alle davor. Wie ist es dazu gekommen?

Die Tuareg waren in Libyen bei Ghaddafi engagiert und zogen nach dem Tod von Ghaddafi zurück nach Niger. Nahmen dabei allerdings jede Menge schwere Waffen und auch schwere Maschinengewehre mit. Man rechnet mit rund 3000 Luftabwehrraketen. Ghaddafi hatte die modernsten Waffen und die haben jetzt auch die Tuareg. Damit mischen sie in Nordmali auf und die malischen Soldaten betrachten sich als "verheizt".

Was wollen die Tuareg eigentlich? Sie wollen Unabhängigkeit, am besten einen eigenen Staat. Das wurde ihnen allerdings von Ghaddafi immer verwehrt. Der Sprecher der Rebellen, Moussa Ag Attaher, sagt dazu: "Ghaddafi hat lange dafür gekämpft, dass das Volk der Tuareg keine Revolution beginnen konnte, um seine Lebensumstände zu verbessern. Ghaddafi hat die Tuareg immer nur für seine Machtspiele ausgenutzt. Nun, da er nicht mehr da ist, konnten die Tuareg, die für Ghaddafi gekämpft haben, Libyen verlassen. Das sind Männer, die gut bewaffnet und gut ausgebildet sind, darunter auch Offiziere."

Diese Männer kämpfen nun für nichts weniger als einen eigenen Staat. "Azawad" soll er heißen und im Gebiet des nördlichen Mali liegen. Die malische Armee liefert sich erbitterte Gefechte mit den Rebellen. Doch diese Armee ist völlig überfordert. Denn die Rebellen haben sich in Ghaddafis Waffenarsenalen reichlich bedient. Mittlerweile sollen sie deutlich besser ausgerüstet sein als die Regierungstruppen. Früher kamen die Tuareg mit alten Kalashnikows und ausgedienten Granatwerfen. Heute haben sie moderne Waffen von Heckler & Koch mit Hochgeschwindigkeitsgeschossen, mit denen man auch mal vorbeischießen kann und trotzdem fällt der Gegner dann durch den Schock tot um. Deshalb haben die Soldaten der malischen Armee gemeutert. In Gao bewarfen sie den Verteidigungsminister Sadio Gassan mit Steinen und stürmten die Waffenkammern, die das politisch isolierte Mali jedoch nicht hat. Das führte schließlich zum Sturz des Präsidenten ATT, und wurde ausgelöst durch die Tuareg.

Ghaddafis Tod hat die Sicherheitsarchitektur im ganzen Sahel ins Wanken gebracht. Die Leidtragenden des Konflikts sind vor allem die Zivilisten. Schon rund 200.000 Menschen sind nach UN-Angaben vor den Kämpfen geflohen - zum Teil auch in die Nachbarländer.

Iich will meine eigene Meinung dazu sagen: Mali wurde als Staat von den Europäern auf dem Reissbrett gezogen. Man nahm ein Lineal und fügte einfach an das im tropischen Bereich liegende Gebiet die Wüstengebiete an. Mit einer völlig anderen Bevölkerung. Daraus ergaben sich die ganzen Spannungen und Konflikte.

Heute ist der Norden Mali ein rechtsfreier Raum geworden, in dem der Schmuggel blüht und gedeiht. Man schmuggelt dort Kokain und Zigaretten für Europa, Lebensmittel und Menschen, Autos. AQMI gelang es zuletzt am 24. November 2011 zwei Franzosen im malischen Hombori und einen Tag später drei Europäer in Timbuktu, bei der ein Deutscher ums Leben kam, zu entführen. Die Lösegeldzahlungen sollen inzwischen mehrere Millionen Euro pro Geisel erreichen. Damit tut AQMI auch im Norden Gutes. Baut Brunnen und einiges mehr. Hat folglich Rückhalt in der Bevölkerung.

Das Geschäft mit den Geiseln ist zu einer lukrativen Einnahmequelle in einer der ärmsten Regionen der Welt geworden. AQMI rekrutiert vor allem unterarbeitslosen du perspektivlosen Jugendlichen Der Region. Verlockende Summen winken denen, die Geiseln nehmen und diese anschließend an AQMI verkaufen. Auf rund 500 Mann wird die Zahl der aktiven Mitglieder geschätzt. Deren Motive sind weniger ideologisch als an der Kaufkraft von AQMI orientiert. Neben der militärischen Bekämpfung ist deshalb besonders die wirtschaftliche Entwicklung der Region ein Schlüssel, um AQMI seine Basis zu entziehen.

Im November 2009 fand man eine abgestürzte Boing 727 aus Venezuela, im norden Malis zwischen Gao und Kidal, die vermutlich mit Kokain beladen war, und da wurde klar, dass die Schmuggelrouten des Drogenhandels nach Europa und in die arabische Halbinsel im Sahel-Raum einen neuen Umschlagplatz gefunden haben.

Tuareg und AQM

Mir wurde von einigen Tuareg gesagt, dass man in Mali auch gegen AQMI militärisch vorgehen würde. Nun, die Tuareg treffen dort auf eine Organisation, die in der Tat über große finanzielle Mittel verfügt und ich nehme an, dass die Tuareg sich mit AQMI arrangieren werden müssen und das auch tun werden. Man sagte mir, dass AQMI den Tuareg den Tourismus kaputtgemacht habe und damit auch die Beziehungen zu Westlern. Und das wolle man den heimzahlen. Allerdings verändern sich Bedingungen und Verhältnisse ständig. In jedem Fall haben die Tuareg jetzt die modernen Waffen, mit denen sie erfolgreich hantieren.

Wenn man sich jetzt jedoch fragt, wie es weiter gehen soll, dann kommt man auch in den Nord-Niger und dort auf die Uranbergwerke. Wenn es den Tuareg gelingen sollte, auf die Regierung von Niger den Druck auszuüben, an den Einnahmen beteiligt zu werden, dann könnte ein Streifen des Sahel, der Nord-Niger und Nord-Mali umgreift, durchaus als ein autarkes Tuareggebiet vorstellbar sein. Dann hätte allerdings der Niger sein wichtigstes Industriepotenzial zum Teil oder ganz verloren.

An Neuigkeiten erreicht mich folgendes. Der Führer der zweiten Rebellion in Niger, Aghali Alambo soll in Agadez festgesetzt worden sein, wegen Waffenschmuggel. Und: Iyad ag Ghali, der Mann, der 1990 die Rebellion in Mali führte, soll bei Kämpfen kürzlich gefallen sein. Insgesamt haben die Tuareg ca. 4000 gut ausgerüstete Kämpfer.

Man kann die Rebellion der Tuareg in Mali als eine Folge des Ghaddafi-Sturzes bezeichnen.